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Im
Manyōshū werden in der Nara-Zeit 5 Frauen als
Kurtisanen benannt: Als erste >Koshima,
dann Hanishi, Kamau, eine ohne Namenserwähnung und zuletzt noch eine Kurtisane
namens Saburu, der wir uns hier widmen möchten.
Saburu war ebenfalls beim Amtssitz des Gouverneurs von Etchū, Ōtomo no Yakamochi, tätig. Auffällig ist, dass der Beamte, der sich mit liiert hatte, scharf gerügt wurde. Und zwar von Yakamochi persönlich, welcher sich selbst mit Kurtisanen wie >Hanishi und Kamau umgab und einließ. Irgendetwas muss für ihn jedoch sehr verwerflich gewesen sein.
Saburus Erwähnung in einer Rüge
Im Manyōshū gibt es dazu gleich eine ganze Liedreihe mit ausführlicher Vorrede. Hier dazu die ganze Aufzeichnung:
In den "Sieben Klauseln zum Verstoß [der Ehegattin]" heißt es: "Wenn die Ehefrau auch nur im Sinne dieser Regeln schuldig wird, darf sie verstoßen werden. Wer sie jedoch leichtfertig verstößt, ohne das sie sich etwas davon zuschulden kommen lassen, wird mit anderthalb Jahren Fronarbeit bestraft."
In den "Drei Ausnamebestimmungen" heit es:
"[In solchen Fällen] darf die Ehegattin nicht verstoßen werden, auch wenn sie eine der sieben Klauseln zum Verstoß erfüllt hat. Wer zuwider handelt, wird mit hundert Stockhieben bestraft. Nur wenn sie Ehebruch begangen hat oder an Aussatz leidet, ist ein Verstoß zulässig."
In den "Bestimmungen zur Wiederheirat" heißt es:
"Wer schon eine Gattin hat und sich erneut verheiratet, wird mit einem Jahr Fronarbeit, das Weib aber mit hundert Stockhieben bestraft und [die Ehe] wird geschieden."
Ein kaiserlicher Erlass besagt:
"Der redliche Mann schenke seinem keuchen Weibe zärtliche Liebe."
Ich erlaube mir zu hoffen, dass die angeführte Reihe von Beispielen, die Grundlagen unserer Gesetze, Euch auf den rechten Weg führen mögen. Die Regeln der Gattenliebe nämlich gelten [für Mann und Weib] gleichermaßen und sehen das Familienvermögen als allen gehörig an. Welch eine Gesinnung ist das denn, Eure frühere Gattin zu vergessen und ein neues Weib zu lieben? Ich habe daher einige Lieder verfasst, auf das Ihr Euren Irrweg, die frühere Gattin im Stich gelassen zu haben, bereuen mögt. sie lauten folgendermaßen:
Seit dem Götterzeitalter
Der Gottheit Ōnamuchi
Und Sukuna Bikona
Wird solches überliefert:
Mit Ehrfurcht begegne man
Dem Vater und der Mutter,
Mit zärtlicher Liebe aber
Dem Weibe und den Kindern.
In der vergänglichen Welt
Sei dies die eherne Regel.
So lautet ein Wort, das man
Seit alters überliefert.
Nun geht indes ein Gerücht
Unter den Leuten um.
Als noch die Lattichpflanzen
In vollster Blüte standen,
Habt Ihr mit Eurer Gattin,
Der allerzärtlichst geliebten,
Ob in der Frühe, ob abends,
Ob fröhlich Ihr wart oder ernst,
Einander oft beklagt
Und solchermaßen gesprochen:
"Werden wir für immer
In solcher Armut leben?
Wenn wir die Götter anflehen
Des Himmels und der Erde,
So wird das Glück dereinst
Wie Frühlingsblüten gedeihen."
Der Wohlstand, auf den Ihr gehofft,
Nun ist er in Fülle gekommen!
Zuhause wird Eure Liebste,
Fern von Euch, kummervoll weilen
Und wird gar sehnsuchtsvoll
Harren, auf das Euer Bote
Recht bald zu ihr kommen möge,
Das Herz vor Einsamkeit schwer.
Mit jenem Weibe Saburu,
Das gleich den schäumenden Fluten
Des strömenden Imizu-Flusses,
Welcher beim Wehen des Südwinds,
Von Schmelzwasser geschwollen,
Kein Heimatgestade besitzt,
Habt Ihr aber eine Buhlschaft
Zwirnsfadengleich angesponnen
Und lebt mit ihr,
Den Zwergtaucherenten gleich.
So tief wie der Grund der Hochsee
Der Meeresgefilde von Nago,
So haben sich gewißlich
die Sinne Euch verwirrt
Und Euch ist nicht zu helfen!
(Saburu ist ein Kurtisanenname.)
Drei Nachgesänge:
Ist es denn nicht so,
Das Eure Liebste in Nara,
Das reich ist an blaugrünem Ton,
Mit sehnsuchtsvollem Sinn
Beständig Euer harrt?
Die Blicke der Leute im Ort
Im Rücken, geht Ihr beschämt
Zum Dienste, da Ihr Euch
Verblendet vernarrt habt
In das Weib Saburu!
Die rote Scharlachfarbe,
Sie bleicht in kurzer Zeit.
Könnte sie denn nur entfernt
Sich messen mit trautem Gewande,
In Eichelbraun eingefärbt?
Obiges hat der Provinzgouverneur, der sukune Ōtomo no Yakamochi, am 15. Tage des 5. Monats [im Jahre749] verfasst."
(aus: Kurtisanen. Michael Stein, S. 59ff.)
Mögliche Gründe für den Tadel
Yakamochi tadelt also den verheirateten Beamten für seine Liason mit Saburu. Für die Beamten war es damals die Regel, dass die Familien in der Stadt zurückbleiben mussten. Yakamochis Vorwurf, die Frau verstoßen zu haben, ist auf den ersten Blick also seltsam; die Zeitweise Trennung war kein Verstoß und auch gegen die von Yakamochi zitierten Regeln verstieß der Beamte selbst dann nicht, wenn er sich eine Kurtisane gesucht hatte: Das war gängige Praxis für die Dauer eines Aufenthalts in der Provinz. In der Nara-Zeit gab es zudem Unterscheidungen zwischen Haupt- und Nebengemahlinnen. Wenn man Nebengemahlinnen versorgen konnte, durfte man sich auch mit diesen liieren und es verstieß nicht gegen die Vorschriften der Wiederheirat. Ein Verstoß war vielmehr für die Frau, wenn sie als Hauptgemahlin auf weitere eifersüchtig war.
Die Affäre von Okui und Saburu muss jedoch anders gewesen sein als die übliche Beziehung von Beamten zu Kurtisane. Das enge Zusammenleben an sich kann einer Rüge nicht wert sein, da es bereits vorher beschriebene eheähnliche Gemeinschaften zwischen Beamten und Kurtisane gab und Yakamochi selbst zu Kurtisanen Beziehungen pflegte.
Eine Möglichkeit könnte sein, dass Yakamochi dem aus niederem Stand zu seiner Stellung in der Provinzverwaltung aufgestiegenen Okui das Leben mt der Kurtisane nicht gönnte. Der neue Reichtum könnte vielleicht aus Steuergeldern abgezweigt gewesen sein.
Vielleicht wollte Yakamochi als Dichter aber auch nur eine dramatische Pointe in seinem Werk: Denn direkt danach berichtet er, dass zwei Tage später die Frau des Okui zu Besuch geritten kam. Ob Zufall oder nicht ist nicht überliefert. Ihr unverhofftes Erscheinen jedoch löste Panik im Gouverneurspalast aus. Yakamochi könnte, mehr Dichter als Chronist für den Moment gewesen, die Situation für sein Werk dramatisiert haben wollen. In seinen Versen jedenfalls plagiiert er ungeniert den von ihm verehrten Yamanoe no Okura in seinem Stil.
Was macht Saburu so besonders?
Interessant ist darüber hinaus, dass sich die Beschreibung der Saburu in zwei Punkten von den Beschreibungen anderer bisher genannten Asobime unterscheidet.
Das "Mädchen" Saburu wird nicht als Otome, wie andere Kurtisanen in dem Werk, bezeichnet, sondern als Ko. Ko ist weniger präzise als Otome, aber nicht geringschätziger. Es kann Kinder und Jugendliche beiden Geschlechts bezeichnen, aber auch junge Mädchen & Frauen, auch verheiratete. Auch die Frau Okuis wird im Gedicht im Original als Tsuma no Ko ("Gattin-Weib") bezeichnet. Saburu sono ko ("Saburu jenes Weib") mutet laut Michael Stein bewusst wie eine pointierte Herabsetzung an. Das metrisch auch mögliche Saburu Otome wird absichtlich vermieden. Eine solche Geringschätzung bekam in dem Werk zuvor keine Kurtisane zu spüren.
Außerdem wird von ihr geschrieben als "Saburu ist ein Kurtisanenname" und nicht wie bisher üblich als "Saburu ist der Name einer Kurtisane". Man geht davon aus, dass diese Frau ihren eigenen Namen abgelegt habe und unter einem "Kurtisanennamen" auftrat. Dies wäre dann der erste schriftliche Fall einer Kurtisane mit Künstlernamen; wie es später dann bei allen Kurtisanen üblich wurde.
Sich einen Künstlernamen als Kurtisane anzulegen, geht auf chinesisches Vorbild zurück.
Als Überlieferer chinesischer Traditionen kommen allerdings nicht die Asobime, sondern die Ukarebito in Betracht; waren sie doch Nachfahren von Einwanderern aus China und Korea.
Ein wesentliches Merkmal der Ukarebito war, dass sie nicht sesshaft, sondern heimatlos waren.
Saburu wird im Lied Yakamochis bezeichnet als "gleich den schäumenden Fluten des strömenden Imizu-Flusses / kein Heimatgestade besitzt". Anderere Kurtisanen wurden zuvor als "Mädchen aus.." bezeichnet mit entsprechendem Ortsnamen, was bei ihr ganz wegfällt. Darüber hinaus wird von ihr kein Lied oder Gedicht zitiert oder niedergeschrieben; und obwohl sie einen Künstlernamen trug, trug sie an sich keine Kunst vor. Der gesellige Zugang zu den Festen der Hofleute wurde ihr scheinbar verwehrt- keine andere Kurtisane wurde zuvor so diskriminiert.
Yakamochis Tadel von Okuis Beziehung zu Saburu, dem "Ehebruch" und das "Verstoßen der Gattin" waren womöglich also nur vorgeschobene Gründe: Saburu scheint vielmehr eine Ukareme gewesen zu sein; jener anderer Kurtisanentyp, der sich von den einheimischen Asobime in Heimat und Kunst unterschied und deshalb geringgeschätzt und diskriminiert wurde. Eine Affäre mit so einer Art von Kurtisane, war ihm damals wahrscheinlich Grund genug zum Tadel. Somit wäre sie aber die erste namentlich genannte Ukareme im
Manyōshū und Beweis, dass es durchaus einen Unterschied in der Nara-Zeit zwischen den Kurtisanenschichten gab.
Mehr über die Kurtisanen der Narazeit findet ihr hier: >Narazeit
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zuletzt bearbeitet: 06.10.19
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